„Fachmarkt-Querulanten“ oder mündige Bürger in Wiesloch

„Fachmarkt-Querulanten“ oder mündige Bürger in Wiesloch

Bebauungsplan Bahnhofstraße/Güterstraße unwirksam

Am 28. November 2012 hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg den Bebauungsplan „Bahnhofstraße/Güterstraße“ (Fachmarktzentrum) der Stadt Wiesloch vom 21.07.2010 für unwirksam erklärt. Eine Bürgerin hatte dagegen geklagt.

Die Frage, wie nach der Unwirksamkeit jenes Bebauungsplans weiter vorgegangen werden solle, wurde in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats Wiesloch vom 27. Februar 2013 behandelt. Zu diesem Thema gab es anschließend Berichte und Leserbriefe.

Der Vorstand der FDP Wiesloch-Südliche Bergstraße, vertreten durch den Vorsitzenden Bernd Lang, stellt hierzu fest:

Bernd Lang
Bernd Lang

„Man möchte es nicht glauben: Öffentliche Bürgerbeschimpfung durch Gemeinderäte, weil die Vertreterin einer Bürgerinitiative, die etwa 60 Mitglieder umfasst und etwa 3000 Unterschriften gegen das Fachmarktzentrum eingesammelt hat, ihr Recht einklagt und dann auch vom zweithöchsten Verwaltungsgericht noch Recht bekommt.

Wer sich da als Gemeinderat besonders profilieren möchte, sollte erst einmal das Urteil richtig lesen oder es sich von der Stadtverwaltung bzw. deren Professor aus Stuttgart, Hans Büchner, umfassend und objektiv erklären lassen! Im Urteilsspruch ging es z. B. dabei nicht nur um die „Lappalie“, ob wegen einer minimalen zeitlichen Unterschreitung eine Zwei- Wochenfrist eingehalten wurde oder nicht. Diese Zwei-Wochenfrist gibt es überhaupt nicht! Das Gericht weist ausdrücklich auf die gesetzlich verbindliche Ein-Monatsfrist hin, die für eine angemessene Öffentlichkeitsbeteiligung festgelegt ist, und führt aus: „eine Verkürzung kann nur unter Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls hergestellt werden“ und weiter: „Zwölf Tage waren aber angesichts der Komplexität und des Umfangs der Änderung und Ergänzungen des Planentwurfs und ihrer Bedeutung für die gesamte Planung zu kurz, um die Abgabe substantiierter Stellungnahmen durch die Öffentlichkeit zu gewährleisten.“ Zum Beispiel: „waren die … als Anlage zur Begründung ausgelegten Einzelhandelsgutachten zu verstehen, die zusammen schon 49 Seiten umfassten“. Deshalb: „Der (Bebauungs-)Plan leidet an einem beachtlichen Verfahrensfehler“. Er ist daher ungültig.

Statt Bürger zu beschimpfen, sollten nach Auffassung der FDP Wiesloch-Südliche Bergstraße alle Gemeinderäte nachdrücklich darauf bestehen, dass deren Rechte, aber auch ihre eigenen Rechte eingehalten werden und ihnen nur Unterlagen zur Entscheidung vorgelegt werden, die auf Basis einer rechtlich einwandfreien Anhörung der Öffentlichkeit entstanden und dem Regierungspräsidium als Rechtsaufsichtsbehörde vollständig vorgelegt worden sind. Nur so können sie ihre Pflicht erfüllen und „vernünftig entscheiden“.

Die FDP stellt auch die Frage an diejenigen Gemeinderäte, die sich durch besonders kritische, oder auch teilweise mit unerträglichen Aussagen gegenüber der Klägerin hervorgetan haben, ob sie nicht ihre Meinung auch öffentlich revidieren wollen, wenn sie im Urteil gelesen haben: „Zwar … sind das Fachmarktzentrum und der Kreisel errichtet. Dies bedeutet aber nicht, dass die Antragstellerin deshalb keine reale Chance mehr hätte, ihre rechtliche oder tatsächliche Stellung zu verbessern. Dies erfolgt schon daraus, dass die Beeinträchtigung der Antragstellerin im Wesentlichen auf den Verkehr auf den festgelegten Straßenflächen zurückzuführen ist…“. Diese doch sehr bemerkenswerte Aussage des Gerichts gilt übrigens unabhängig davon, ob jetzt der Bebauungsplan nochmals aufgestellt werden muss oder nicht.

Da könnte auf die Stadt noch sehr Unangenehmes zukommen, wenn der immer noch offene Rechtsstreit über die Baugenehmigung vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe in der 2. Instanz bei dem gleichen Senat vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim landet.

Die FDP meint: Eine gemeinsame Lösung finden ist allemal besser als jemanden zu beschimpfen und opportunistisch in die Ecke zu stellen oder endlos lange Rechtsstreitigkeiten zu führen. Darin hat die Stadtverwaltung ja so ihre Erfahrung.“