Erwartungen des Mittelstands an die Kommunalpolitik Wieslochs

Erwartungen des Mittelstands an die Kommunalpolitik Wieslochs

Jürgen Bender plädiert für „kurze Wege“

Kurze Wege sind ein zentrales Anliegen für Jürgen Bender. Dies unterstrich der Geschäftsführer des Winzerkellers Wiesloch bei der Liberalen Runde des FDP-Ortsverbands zum Thema „Erwartungen des Mittelstands an die Kommunalpolitik Wieslochs“ am Dienstag, 15.05.2012, in „Langen’s Turmstuben“. Auf diese kurzen Wege hofft Bender sowohl wortwörtlich durch eine Straßenanbindung des Winzerkellers an einen geplanten Kreisel beim „Florapark Wagner“, aber auch im übertragenen Sinne durch Bürokratieabbau und vereinfachte Genehmigungsverfahren. FDP-Vorsitzender Bernd Lang und Gemeinderat Dr. Jörg Richter sagten Bender im nicht ganz vollen Restaurant-Nebenraum zu, daß die Wieslocher Liberalen sich mit seinen Anliegen befassen werden.

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FDP-Vorsitzender Bernd Lang und FDP-Gemeinderat Dr. Jörg Richter mit Winzerkeller-Geschäftsführer Jürgen Bender in Diskussion über die Erwartungen des Mittelstands an die Kommunalpolitik (Foto: Lang)

Der Winzerkeller Wiesloch ist nach Jürgen Benders Worten ein Aushängeschild der Stadt
und macht Wiesloch national und auch international bekannt. So sei die am 01.05. veranstaltete „Winzerrast“ in Wiesloch ein wahrer Besuchermagnet und voller Erfolg gewesen. Die hervorragenden Weine aus Wiesloch seien auch bis in die chinesische Hauptstadt Peking sehr gefragt. Der Winzerkeller-Chef sieht freilich Potential für ein noch besseres „Wiesloch-Marketing“ in Zusammenarbeit mit der Stadt. Ein Vorschlag sei, zusammen mit Rauenberg und anderen Nachbarorten eine Flurbereinigung durchzuführen, um Rastplätze und Wanderwege anzulegen und dann „Weinwochenenden in der Weinstadt Wiesloch“ oder ähnliche Veranstaltungen durchzuführen. FDP-Vorsitzender Lang knüpfte hieran an, als er sich für eine Förderung des Tourismus als weiteres Standbein Wieslochs, neben Industrie und Einkaufsmöglichkeiten, aussprach. Von Vorteil, so Bender, wäre auch ein Hinweisschild auf den Winzerkeller an der Autobahnausfahrt Wiesloch-Rauenberg, doch sei das Genehmigungsverfahren dafür sehr schwierig.

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Liberale Runde am 15.05.2012 in „Langen’s Turmstuben“ (Foto: Pfeifer)

Jürgen Bender bezeichnete den Winzerkeller als hervorragenden Arbeitgeber, der Tariflohn zahle und nur festangestellte Mitarbeiter beschäftige, aber keine Zeit- oder Leiharbeiter. Von Behörden wünschte er sich, daß diese verstärkt nach der Maxime handeln, wie sie jemanden unterstützen können, der etwas Gutes tun möchte. Aus eigener Erfahrung berichtete Bender, wie schwierig und aufwendig es sein könne, nach einem 10stündigen Arbeitstag abends noch 4 Stunden lang Antragsformulare ausfüllen zu müssen. Erschwerend komme hinzu, daß man es bei Genehmigungsverfahren nicht nur mit einer Behörde zu tun habe, sondern mit 10 bis 15 Stellen, von denen jede einzelne für sich bis zu acht Wochen Zeit habe für die Bearbeitung. Zeitnahe Entscheidungen zu erhalten, sei somit nur schwer möglich.

Mit Blick auf die EU begrüßte Bender deren Regelungen für die Landwirtschaft, sofern diese EU-weit einheitlich gälten. Aber daß Deutschland solche EU-Regelungen zumeist noch um eine Stufe verschärfe, sei ein Nachteil für die deutsche Landwirtschaft gegen die
ausländische Konkurrenz.

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Liberale Runde am 15.05.2012 in „Langen’s Turmstuben“ (Foto: Pfeifer)

All dies sei mit ein Grund, daß es für landwirtschaftliche und Weinbau-Betriebe in Deutschland schwer sei, Nachfolger für eine Betriebsübernahme zu finden. Unter den noch 300.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland hätten drei Viertel bisher keine Nachfolgeregelung finden können. Landwirtschaftliche Flächen in attraktiver Lage würden dann von expandierenden Großbetrieben übernommen, wogegen Flächen in Randlage brachlägen und verwilderten und deren Pflege zu einer Angelegenheit der ohnehin finanzschwachen Kommunen werde. Ein weiterer Grund für die mangelnde Attraktivität, als selbständiger Landwirt tätig zu sein, sei die „miserable Einkommenssituation“ von durchschnittlich 17.500€ pro Jahr bei hoher Arbeitsbelastung an bis zu 7 Tagen in der Woche.

Kleine Betriebe, so der Winzerkeller-Geschäftsführer, möchten auch am liebsten auf Subventionen verzichten. Denn um wenige hundert Euro Subvention zu erhalten, müßten sie komplizierte Formulare ausfüllen, und bei einem versehentlichen Kreuz an einer falschen Stelle im Formular sei der Aufwand umsonst oder sie würden gar noch bestraft. Anstelle von Subventionen wäre es vorzuziehen, wenn die nötigen Einnahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs durch angemessene Lebensmittelpreise zustande kämen. Der Winzerkeller-Chef machte dies plastisch an Zahlen deutlich: Während im Jahr 2011 ein Landwirt mit seinen Produkten durchschnittlich 250 Personen ernährte, ernährten umgekehrt die Einnahmen aus 250 Kunden keinen Landwirt. Nach Jürgen Benders Worten läge ein zumindest „anständiges Einkommen“ für einen selbständigen Landwirt fiktiv bei 34.000€ im Jahr.

Der Winzerkeller-Chef ging auch auf den Klimawandel ein. Nachhaltigkeit sei ein zentrales Anliegen der Landwirte und Winzer. Jedoch könne durch die klimatischen Veränderungen die Nahrung weltweit knapp werden, und dann drohten Verteilungskämpfe. In Deutschland sei in den letzten Jahren zu beobachten, daß durch die wärmeren Durchschnittstemperaturen Schädlinge aus südlicheren Regionen hierher vordringen, deren Abwehr große neue Herausforderungen stelle. Und für die hiesigen Winzer habe es in den letzten 10 Jahren nur 3 normale Anbau-Jahre gegeben, dagegen 7 Jahre mit großen Ernteausfällen. Auch in der Zukunft seien lange Trockenperioden zu erwarten, die zu erheblichen Ernteeinbußen führen.

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Liberale Runde am 15.05.2012 in „Langen’s Turmstuben“. Vorne links: Achim Artmann, FDP-Gemeinderat in Rauenberg. (Foto: Pfeifer)

Mit Applaus bedachten die anwesenden FDP-Freunde und Mitglieder die Ausführungen Jürgen Benders. Vorsitzender Bernd Lang dankte Jürgen Bender und hob hervor, daß dieser die ihm wesentlichen Anliegen nicht nur als Winzerkeller-Chef, sondern auch als Landwirt und als Wieslocher Bürger vorgetragen habe.