Aktueller Bundestag als „Vollversammlung von Umverteilern“
FDP will Zukunft für die Mitte der Gesellschaft dagegensetzen
„Die leistungsfähigen Unternehmen und Mitarbeiter sind für den Erfolg in Deutschland ursächlich.“ Diese Anerkennung verband der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, mit scharfer Kritik an der Umverteilungsmentalität aller derzeit im Bundestag vertretenen Parteien, gleichgültig ob in der Regierung oder der Opposition. Man könne nur verteilen, was zunächst erwirtschaftet worden sei, stellte Rülke bei einer Veranstaltung des FDP-Ortsverbands Wiesloch-Südliche Bergstraße im „Alten Kino“ Rauenberg klar. Um diesen Grundsatz wieder zu einem Maßstab politischen Handelns zu machen, sei der Wiedereinzug der Freien Demokraten in den Bundestag vonnöten.
Die Freien Demokraten verträten eine Politik für die Mitte der Gesellschaft, hob der Fraktionsvorsitzende hervor. Zu dieser Mitte zählten alle Leistungswilligen und Verantwortungsbereiten. Beispielsweise der Handwerker, die Krankenschwester und der Absolvent einer dualen Ausbildung seien ebenso wichtig wie der Akademiker. Diese alle sorgten mit ihrer Leistung und mit ihren Steuern für den Wohlstand im Land und dafür, dass es überhaupt Mittel zu verteilen gebe. Selbständige, mittelständische Unternehmen und Freiberufler müssten unterstützt werden durch Bürokratieabbau und faire Wettbewerbsbedingungen. Im Unterschied dazu seien internationale Konzerne nicht auf ein politisches Unter-die-Arme-Greifen angewiesen, sondern sollten zwecks Funktionieren des Markts eher Einschränkungen erfahren.
„Ich kann der FDP vieles raten, aber nicht dazu, das Experiment Angela Merkel zu wiederholen“, erklärte Rülke. Bei der kommenden Bundestagswahl trete SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gegen die „sozialdemokratisierte“ Bundeskanzlerin an. Beide dächten nicht an vorausschauendes Handeln für etwaige Verschlechterungen der konjunkturellen Lage. Der FDP-Fraktionsvorsitzende kritisierte auch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank unter Mario Draghi, die nur den Finanzministern zupass komme, aber die Sparer enteigne. Für die Freien Demokraten stünden bei der Bundestagswahl die politischen Inhalte an erster Stelle, aber nicht unbedingt eine Regierungsbeteiligung.
Dann richtete Rülke seinen Blick auf die Politik in Baden-Württemberg. Was die innere Sicherheit angehe, lenke die Landesregierung mit einer geplanten Neuregelung der Videoüberwachung vom eigenen Versagen ab. Neue Gesetze brächten nichts, weil schon den vorhandenen Gesetzen wegen einer zu gering besetzten Polizei nicht die nötige Geltung verschafft werden könne. Schon 2015 hätten die Freien Demokraten gefordert, in Baden-Württemberg 1.000 neue Polizeistellen zu schaffen. Die CDU habe ebenfalls in 2015 zwar diesen FDP-Vorschlag aufgegriffen und sich sogar für 1.500 neue Polizisten ausgesprochen, aber nach der Landtagswahl in Regierungsverantwortung habe Grün-Schwarz nur 300 neue Stellen geschafft. Und in der Bildung sei Baden-Württemberg im Vergleich der Bundesländer abgesackt. Dies hätte sich noch vor wenigen Jahren keiner vorstellen können. Die Freien Demokraten seien nicht gegen die Gemeinschaftsschule, sondern nur gegen deren Privilegierung zu Lasten anderer Schularten. Rülke warnte: „Wenn wir die Konkurrenzfähigkeit in der Bildung verlieren, verlieren wir die Leistungsfähigkeit in unserer Wirtschaft!“ In der abschließenden Frage- und Diskussionsrunde zeigten die zahlreichen Besucher großes Interesse, und Rülke stand ihnen gerne noch etwa eine Dreiviertelstunde lang Rede und Antwort.
Auch der FDP-Bundestagskandidat im hiesigen Wahlkreis, Dr. Jens Brandenburg, hatte sich zuvor den zahlreichen Besuchern vorgestellt. Nach seinen Worten zählen die Freien Demokraten zur „Mitte der Gesellschaft“ alle, die etwas zu leisten bereit seien und die Verantwortung für sich und andere übernehmen. „Für diese Menschen wollen wir keine politischen Erziehungsberechtigten sein, sondern Problemlöser“, erklärte Brandenburg. Ziel der Freien Demokraten sei es, das Leben im Alltag zu erleichtern durch weniger Bürokratie und digitale Bürgerdienste. Mittels eines starken Bildungssystems und einer guten Altersvorsorge wolle die FDP Menschen dabei unterstützen, sich etwas aufzubauen. Sehr wichtig sei den Liberalen. diesen Menschen eine starke Wirtschaft zu bieten, die Arbeitsplätze hier in der Region sichere.
Zu Beginn der Veranstaltung hatten FDP-Ortsverbandsvorsitzender Rüdiger Haas und der Rauenberger FDP-Stadtrat Jürgen Abt als Moderator die Besucher begrüßt. In einem weiteren Vortrag behandelte der Inhaber des örtlichen Weinguts Fellini, Bernhard Fellhauer, das Thema „Mit Weinbautradition in die Zukunft“. Die hiesigen Winzer müssten mit ihren heutigen Weinen sogar international keinen Vergleich scheuen, deren Qualität sei ausgezeichnet. Als überhaupt nicht wohlmundend sah Fellhauer dagegen die Rahmenbedingungen für die Winzer an. Er hielt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ihre „Rechenkünste“ bei der Einkommensgrenze vor, ab der die Pflicht zur Mindestlohndokumentation entfällt: „Man muss sage und schreibe 16 Stunden täglich zum Mindestlohn arbeiten, damit die Aufzeichnungspflicht außer Kraft tritt!“ Scharf kritisierte Fellhauer auch den Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Der Rathauschef habe am 8.3.2016 publikumswirksam verfügt, dass in Stuttgart Unkrautvernichtungsmittel mit dem als potenziell krebserregend eingestuften Wirkstoff Glyphosat nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Aber am 8.7.2016 habe Kuhn still und heimlich eine Ausnahme für das 17 Hektar große Weingut von Stuttgart in Kraft gesetzt, dass dort im ganzen Jahr 2016 Glyphosat doch verwendet werden darf!
Fellhauer forderte, die Weinbauflächen in Baden-Württemberg nicht auszubauen, sondern den Schwerpunkt auf Qualität und Innovation zu legen. Die Zukunft liege im Einsatz von Erntemaschinen und nicht von Pferdegespannen. Durch die demographische Entwicklung in Deutschland sei bis 2050 ein Rückgang des Weinverkaufs um etwa 20% zu erwarten. Fellhauer kritisierte am ökologischen Weinbau dessen traditionellen Einsatz von Kupfer zur Schädlingsbekämpfung, denn Kupfer töte auch Nützlinge und könne als Schwermetall im menschlichen Körper nicht abgebaut werden. Daran machte er deutlich, dass biologischer Weinbau nicht besser oder gar gesünder sei. Fellhauer plädierte für gezielte Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung. Weiterhin kritisierte er, dass Supermärkte viele Weine zu billig verkauften und Verbraucher sich daran orientierten. Dies bereite Winzern Probleme bei der Vermarktung. Fellhauer wünschte sich, dass Kunden ihre Weine direkt bei den Winzern kaufen, denn dort gebe es gute Beratung, Qualität und Vielfalt.