Palatin: Vorzeigestube oder Millionengrab?

Palatin: Wieslochs gute Vorzeigestube oder Millionengrab?

Geschäftsführer Klaus Michael Schindlmeier brachte es in seinem Geschäftsbericht auf den Punkt: „Das Unternehmen kann jedoch weiterhin insgesamt nicht kostendeckend arbeiten“. Und trotzdem meint OB Franz Schaidhammer, dass das Palatin eine „kostendeckende Einrichtung“ sei, weil es seine laufenden Ausgaben durch die laufenden Einnahmen decken könne (RNZ 22.12.2010).

Sind es also nur die alten Schulden von mittlerweile 18,8 Mio. Euro, die das Palatin immer wieder in die roten Zahlen treiben?

Wir von der FDP sind der Sache nachgegangen.

Bernd Lang
Bernd Lang

Die jährlich wiederkehrenden Verluste sind schon bedrückend. So hatte es der neue, sicher sehr kompetente Geschäftsführer mit seinem Antritt im Jahr 2007 zwar erreicht, die Verluste von 1,54 Mio. auf 1,39 Mio. zu senken. Danach sind sie allerdings in den letzten 3 Jahren – einschließlich Tilgung – wieder regelmäßig auf über 1,7 Mio. angestiegen. Hatte man im Gemeinderat im April 2011 für das abgelaufene Jahr 2010 noch voller Optimismus eine Verbesserung auf „nur“ -1,4 Mio. angekündigt, so musste man später  eingestehen:
Es sind wieder -1,7 Mio. Verlust. Unverständlich sich so einfach mal um 20% zu verschätzen, obwohl das Geschäftsjahr schon 3 Monate abgeschlossen war.

Statt das wenige verfügbare Geld für andere wichtige Zwecke zu nutzen, überweist die Stadt daher dieses Jahr wieder einmal 1,57 Mio. € an das Palatin, um die Verluste auszugleichen. Da dies nicht reicht, werden die verbleibenden 142 .000 € zu den Schulden der Stadt gegenüber dem Palatin addiert. Die steht nun mittlerweile mit 8,1 Mio. € dort in der Kreide und zahlt dafür zusätzlich jährlich nochmals rund 325.000 € Zinsen an das Palatin. Damit ist es aber nicht abgetan. Jahr für Jahr werden an das Palatin für die Tiefgarage 785.000 € überwiesen. Nach unserem Verständnis eine weitere Subvention. Dann hat das Palatin auch 2009 noch von der Stadt – sicher zu einer „Vorzugspacht“ – das „Bronners“, das stadteigene Wirtshaus im Rathausgebäude angemietet. Also noch ein verdeckter Zuschuss.

Von einer „kostendeckenden Einrichtung“ kann aus unserer Sicht daher keine Rede sein. Was ist zu tun? Dem Geschäftsführer Schindlmeier und seiner sicher sehr engagierten Mannschaft wollen wir keinen Vorwurf machen. Sie tun aus ihrer Sicht alles, um ihr Palatin attraktiver zu machen. Sie wollen z. B. auch die Wieslocher Vereine, die „ihre“ Stadthalle hoch subventioniert in Anspruch nehmen, nicht verärgern, auch wenn dadurch der eine oder andere gewinnbringende Kongress abgesagt werden muss.

Wir haben aber große Zweifel, ob der finanzielle Aufwand, der von der Stadt zu bringen ist, in der jetzigen finanziellen Situation gerechtfertigt ist. Es ist zu analysieren, was genau die Verlustbringer sind. Die Bevölkerung, die zum Verzicht (u.a. Sportzuschüsse) und zu Mehrbelastungen (u.a. höhere Grundsteuer) verpflichtet wird, hat ein Anrecht auf Klarheit. Jeder weiß z.B., dass ein Kulturbetrieb nicht für umme zu haben ist. Aber was gibt die Stadt in Summe wirklich dafür aus? Und will und kann sie sich das weiter leisten? Wir haben Respekt vor dem OB und den sechs übrigen honorigen Gemeinderäten der CDU (2), SPD (1), Grüne (1) und Freie Wähler (2), die als Beiräte mit zwei weiteren Nicht-Gemeinderäten das Steuerungs- und Kontrollorgan des Palatin bilden. Aber es muss die Frage gestattet sein, ob sie als unbestritten in ihrem Beruf kompetente Fachleute in einer Krisensituation das notwendige wirtschaftliche Fachwissen und die Erfahrung in der Hotel- und Veranstaltungsbranche haben, die nach unserer Meinung überfälligen Entscheidungen zur Kostensenkung oder Ertragssteigerung zu treffen. Ihre Empfehlung zum Kauf des Hotelkomplexes für über 3 Mio. letztes Jahr hat außer einer weiteren Verschuldung die versprochene wirtschaftliche Verbesserung bisher offensichtlich nicht gebracht. Und was bringt wirklich die Pacht von zusätzlich 18 Appartements im neuen Boardinghouse?

Jetzt sollte einmal eine externe Fachkompetenz das auf Expansion ausgerichtete Geschäftsmodell, die Strukturen, Abläufe, finanziellen Verflechtungen, etc. des Palatin überprüfen. Es sollten Alternativen und auch die möglichen Konditionen einer Veräußerung des Palatin dem gesamten Gemeinderat aufgezeigt werden. Eine öffentliche und konstruktive Diskussion im Gemeinderat und nicht nur im stillen Kämmerlein im Kreis der Beiräte der vier zahlenmäßig großen Parteien über die Situation und die Zukunft des Palatin ist dringend erforderlich.

Wir sind grundsätzlich der Meinung, die Stadt sollte nicht direkt oder indirekt über einen Beirat als Veranstaltungs- Hotel- oder Gaststättenbetreiber auftreten. So schön und wichtig das Palatin auch sein mag, so wie bisher, kann es nach unserer Meinung nicht weitergehen, auch wenn es weh tun sollte.

Bernd Lang
1.Vorsitzender FDP Wiesloch-Südl. Bergstraße